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Die Gründung einer Deutschen Schule

Die Deutschen in Costa Rica sind sich ihrer Herkunft stets bewusst. Sie wollen ihr Deutschtum bewahren und an ihre Kinder weitergeben. Deshalb schicken viele Deutsche ihre Kinder zur Ausbildung nach Deutschland, bis 1912 die Deutsche Schule in San José gegründet wird (Abb. 1), für das die Familie Steinvorth das Gründungskapital stiftet.

Im April 1912 informiert der deutsche Konsul Münztaler per Telegramm das Auswärtige Amt in Berlin über die Gründung der Schule und bittet um einen Zuschuss von 5000 Mark (Abb. 2), woraufhin die Reichsregierung 3000 Mark und Lehrmaterial zur Verfügung stellt.

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Abb. 2: Telegramm an das Auswärtige Amt des Deutschen Reiches in Berlin vom 24.4.1912 (Quelle: Schularchiv)

Abb. 1: Helvetica Light ist eine Schriftart, die mit langen und dünnen Buchstaben gut zu lesen ist und zu jeder Website passt.

In einem nächsten Schritt werden Lehrkräfte aus Deutschland angeworben, die nach den Vorstellungen des Schulvorstands über folgende Qualifikationen verfügen müssen:

 

taktvolles Auftreten; vor allem müsste der Betreffende gut mit Kindern umzugehen verstehen und gegen die Eltern liebenswürdig und entgegenkommend sein; wünschenswert wäre auch, dass er sogleich durch sein Äußeres für sich einnimmt, worauf man hier viel gibt.”

Im Sommer 1912 trifft der erste Schulleiter der Deutschen Schule ein: Franz Krüger. Er hat bereits Auslandsschulerfahrung in Rumänien und Südafrika gesammelt und hat Schulbücher, Landkarten und Anschauungsmaterial im Gepäck. 

Krügers Einstellung gegenüber Costa Rica ist geprägt vom Geist der damaligen Zeit. Er ist überzeugt von der Überlegenheit der deutschen Kultur und bringt dies in seinem 1928 veröffentlichten Reisebericht zum Ausdruck:

 

„Die Republik Costa Rica gilt als der Garten Mittel-Amerikas, und es gibt wohl kaum etwas Schöneres als die Eisenbahnfahrt vom Hafen bis zur Hochebene, auf der San José liegt. […]
Wären nicht die häufig wiederkehrenden Erdschwankungen, so müsste man San José zu einer der angenehmsten Städte der heißen Zone rechnen. […]
Da San José nur eine Stadt von 35.000 Einwohnern ist, deren größter Teil aus Tagelöhnern und Gelegenheitsarbeitern besteht, ein Mittelstand kaum vorhanden ist und die wirklich Bemittelten und Gebildeten nur einen ganz kleinen Bruchteil ausmachen, so fragt man sich unwillkürlich, warum ein so prachtvolles Theater erbaut werden musste, das 5 Millionen Dollar verschlang. [….]
Dieses Bestreben, durch Äußerlichkeiten zu blenden oder durch einfache Übernahme europäischer Einrichtungen reicht äußerlich zu erreichen, was die alten Völker in jahrhundertelanger Arbeit aufgebaut haben, habe ich noch oft genug später beobachten können. […]

Die deutsche Kolonie war nicht sehr groß, aber angesehen und einflussreich, da die größten Kaufhäuser von Deutschen gegründet und geleitet wurden. Außerdem hatten die deutschen Grundbesitzer ihre prachtvollen Winterhäuser in der Stadt. Der Besitz der Deutschen in Costa Rica wurde vor dem Kriege auf 50 Millionen Reichsmark geschätzt. Die sichere finanzielle Grundlage für den Aufbau und die Erhaltung der Deutschen Schule war also vorhanden.”

Mit Krügers Ankunft kann am 1. Oktober 1912 die Schule für die ersten 19 Schülerinnen und Schüler den Unterricht aufnehmen.

Die Anfangsjahre

Im Jahr 1913 wird ein Kindergarten angegliedert, der allerdings schon nach zwei Monaten wieder schließen muss, dass die Kindergärtnerin „sich nicht in die neuen Verhältnisse einfinden” kann und nach Deutschland zurückkehrt. Er wird erst 1914 wiedereröffnet, als Fräulein Hamann verpflichtet werden kann (Abb. 3). 

Als im Ersten Weltkrieg Schulleiter Frank Krüger, ein „Cavallerist der Reserve” nach Deutschland geht, um für sein Land zu kämpfen, und Fräulein Haamann aus Krankheitsgründen kündigt, fehlt ausgebildetes Personal und die Schule verliert Schülerinnen und Schüler, sodass sie 1916 vorübergehend schließen muss. Die Schule wird vorübergehend vom Deutschen Club weitergeführt und zieht ins Gebäude des Clubs um. 

Laut dem Jahresbericht von 1919, der sich im Schularchiv befindet, sieht die Schule mit dem angegliederten Kindergarten ihre zentrale Aufgabe darin, das „Deutschtum hochzuhalten: Das ist die deutsche Bildung und deutsche Schule!”

Denn viele Mitglieder der deutschen Minderheit spüren, dass viele „Elemente in der deutschen Kolonie die innere Fühlung mit dem Deutschtum zu verlieren drohen.” Deshalb ruft der Jahresbericht seine Leser auf: „Lassen Sie uns das deutsche Bäumchen weiterhin pflegen und diese Zweige werden uns dann Blüten und Früchte bringe.”

Mit der Ankunft des neuen Schulleiters Adolf Sander kann 1920 der reguläre Schulbetrieb wieder aufgenommen werden für 18 Schülerinnen und Schüler im Alter von sieben bis neun Jahren (Abb. 4).

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Abb. 4: Sportunterricht im Jahr 1921 (Quelle: Schularchiv)

Allerdings wird auch in den folgenden Jahren der Schulbetrieb negativ beeinträchtigt. Zum einen stellt der Schulverein während des Krieges gegen Panama der Regierung das Schulgebäude als Lazarett zur Verfügung (Abb. 5) und ein Jahr später bringt eine Grippe- und Masern-Epidemie den Schulbetrieb zum Erliegen. 

Zum anderen gibt es finanzielle Probleme, die Wilhelm Steinvorth 1924 zwingen, im Bericht über des Deutschen Schulvereins um Spenden zum Erhalt der Schule zu bitten:

„Es handelt sich hier […] um die Existenz und Erhaltung einer deutschen Schule, der Grundlage jener patriotischen Gesinnung und Erziehung zu deutschen Arbeit, zur Nationalen Sache, zur Vaterlandsliebe. Diese letztere tut uns Deutschen bitter not, und manche schwere Stunde wäre uns erspart geblieben, wenn wir echte, gute Deutsche geblieben wären in Wort und Arbeit und uns nicht von Humanitätsdusel und Internationalismus hätten betören lassen. Rechtzeitig Steuern zahlen und beitragen zur guten Sache des Vaterlandes ist gleichbedeutend mit einem vermiedenen Krieg, mehr wert wie ein gewonnener Krieg.”

Literatur: 

75 Jahre Humboldt-Schule. De la Escuela Alemana al Colegio Humboldt, hg. von M. Avram de Ortiz et al. Im Auftrag der Institution Cultural Germano-Costarricense, San José 1987.

Krüger, Franz: Die Deutsche Schule in San José de Costarica, in: F. Schmidt / O. Boelitz (Hrsg.), Aus deutscher Bildungsarbeit im Auslande. Erlebnisse und Erfahrungen in Selbstzeugnissen aus aller Welt. 2. Band: Außereuropa, Langensalza 1928, S. 461-465.

Schulchronik zum 100. Geburtstag, hg. vom Deutsch-Costaricanischen Kulturverein, San José 2012. 

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